Montag, 6. Februar 2017

"Sag was!" - Die Last der unausgesprochenen Worte



Der Blog zu meinen Affirmationskarten im Auszeit-Magazin Februar/März 2017 mit dem Titel:  "Sag was!" - Die Last der unausgesprochenen Worte


Seit Tagen grübele ich nun schon über unausgesprochene Worte und das, was sie bewirken. Mir fallen längst vergessene Situationen wieder ein. Gefühle werden wieder spürbar. Sie sind alle unangenehm. Wie ich es auch drehe und wende: Mit unausgesprochenen Worten verbinde ich nur unschöne Erinnerungen.
Sie sind eine Last. Sie drücken, bedrücken, begrenzen machen eng.

Wie kommt es eigentlich dazu, etwas lieber nicht zu sagen?

Die Gründe sind vielfältig, dahinter verbergen sich in aller Regel Emotionen, die keiner wirklich gerne hat. Zum Beispiel Wut, Neid, Selbstzweifel, Angst oder Unsicherheit.

Denn wenn man nun das vermeintlich Unaussprechliche rauslässt, dann käme man wohlmöglich in die missliche Lage
- sich einer unangenehmen Situation zu stellen
- jemanden zu verletzen
- sich selbst in seiner Verletzlichkeit zeigen
- Diskussionen oder gar eine Auseinandersetzung auszulösen
- eine Schwäche einzugestehen
- Farbe zu bekennen
- plötzlich mit seiner Meinung allein da zu stehen
... (Diese Aufzählung kann sicherlich jeder für sich mühelos weiterführen.)

Wer will schon freiwillig irgendwas davon erleben? Da ist der Gedanke „Ich sag einfach nix“, schon verlockend. Und doch... Irgendwie spuken sie nun in einem, die unausgesprochenen Worte. Führen zu Kopfkino, die Situation wird gedanklich immer wieder durchgespielt, es lässt sich einfach nicht abschalten. Gewöhnlich wird das Ganze intensiv von Konjunktiven begleitet: Hätte ich sollen, oder wäre es doch besser gewesen, vielleicht könnte ja auch...

Es ist eine regelrechte Selbstbestrafung, die wir uns da auferlegen. Das Unausgesprochene quält, gleichzeitig ist uns offene Kommunikation gerade nicht möglich, weil wir so mit hadern beschäftigt sind und wir grenzen uns selbst aus.

Das Uncoole dabei: Diese Phase dauert ziemlich lange. Sie verliert erst an Intensität, wenn wir die Ursache für das nicht-Sagen erkennen oder sie uns eingestehen. Und so richtig zu Ende ist diese Phase erst, wenn wir uns ein Herz fassen und uns mitteilen. - Bis dahin haben wir uns selbst ganz schön das Leben schwergemacht.

Ist es das wert??
Ich für mich habe da in den letzten Jahren eine klare Linie entwickelt. Wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich etwas aussprechen soll, atme ich einmal ganz tief (und meistens auch laut) durch.
Dieser Atemzug lüftet meinen Geist regelrecht durch, es entsteht Klarheit.
Worte, die unbedingt rausmüssen, kommen dann ganz von selbst. Oder es zeigt sich, dass auch ohne weitere Worte alles gut ist. In geschätzt gut 90% aller Fälle bewährt sich mein „Atem-Trick“.
Aber eben nicht immer. Manchmal ist es komplizierter und der Geist muss länger lüften :) Dann brauche ich mehr Zeit, um zu erkennen, was mich zum lieber-Schweigen bewogen hat. Was mich wirklich bewegt hat, w

elche Emotion oder welches Bedürfnis die Treiber waren.
Und mir selbst dann die wahren Ursachen anzuschauen und einzugestehen ist nicht immer wirklich toll. Aber nur im ersten Moment.

Mich dem anderen mitzuteilen schafft Verbindung, Klarheit und vor allem Leichtigkeit. Und die sind es tausendmal wert, genau hinzuschauen und über den eigenen Schatten zu springen.
Deshalb: UNAUSGESPROCHENE WORTE  - gibt´s  bei mir nicht mehr.