Geplant hatte ich es schon länger, und heute, am ersten
wirklich frühlingshaften und sonnigen Samstag des Jahres, war es soweit:
Ich würde mir zwei verschiedene Schuhe anziehen und mal
schauen, was passiert. – Falls etwas
passieren würde. Gäbe es verstohlene Blicke? Offenes amüsiert-sein? Würde es
überhaupt bemerkt werden? - Ich ließ
alle Gedanken und Erwartungen los und radelte mit guter Laune in den Samstagvormittag.
In der Stadt wollte ich einiges erledigen, stellte das Rad
an einem zentralen Punkt ab und begann, ganz gemütlich meine Erledigungen
abzuarbeiten. Danach bummelte ich ein bisschen, hielt hier und da ein
Schwätzchen, catwalkte mehrmals demonstrativ mitten über den Brühler Marktplatz
und traf dabei nacheinander meine Mutter, meine Oma und eine Freundin, mit
denen ich jeweils ausgiebig erzählte.
Dann packte ich alle meine Einkäufe aufs Fahrrad und fuhr
wieder nach Hause.
NIEMAND hatte offenbar meine unterschiedlichen Schuhe
bemerkt. Mir waren keine aufmerksamen oder verstohlenen Blicke aufgefallen,
kein verstecktes Grinsen, nichts.
Ich kam zu mehreren Schlussfolgerungen:
- Alle sind so mit sich selbst beschäftigt, dass sie bei
anderen nicht so genau hinschauen.
Wenn jemand zwei unterschiedliche Schuhe trägt, ist das völlig
uninteressant.
- Aus falsch verstandener Höflichkeit hat niemand etwas
gesagt.
- Ich wirke auch mit zwei verschiedenen Schuhen so
selbstsicher, dass andere mich und meine
persönliche Schuhmode erst gar nicht
in Frage stellen.
- Hilflosigkeit des Gegenübers, mich auf die „richtige“ Art
und Weise auf mein vermeintliches
Missgeschick anzusprechen. Etwa so, als wenn
man jemandem elegant mitteilen will, dass sein Deo
versagt hat und keine Ahnung
hat, wie man dafür nun die passenden Worte finden soll.
Hm.
Auf jeden Fall war meine Neugier geweckt; ich wollte mehr
darüber herausfinden.
Abends war ich auf ein Fest eingeladen und habe gleich die
Gelegenheit genutzt, von meinem Schuh-Abenteuer zu erzählen. Ich fragte in die
Runde: „Wie würdest Du auf jemanden mit zwei unterschiedlichen Schuhen
reagieren?“
Die meisten waren sich nicht sicher, ob ihnen das überhaupt
auffallen würde. Und wenn ja, hätten vier von sechs Leuten aus unserer
Gesprächsrunde kein Wort darüber verloren. Einer hat dann eingeschränkt,
vielleicht würde er etwas sagen, wenn er die andere Person gut kennen würde.
Eine Frau erzählte, dass sie einmal einen dicken Kulistrich
im Gesicht hatte, ohne es zu wissen. Ihre Kollegin hatte das sofort bemerkt und
den ganzen Tag nichts gesagt, weil sie das nicht schlimm fand. Bei sich selbst
hätte es sie aber sehr gestört.
Das fand ich sehr bemerkenswert.
Am nächsten Tag, sonntags, war ich bei meinen Eltern und
habe meiner Mutter das Foto vom Vortag mit den beiden verschiedenen Schuhen
gezeigt. Sie konnte sich gut an unsere Begegnung am Samstag auf dem Markt und
den gesamten Gesprächsinhalt erinnern. Aber meine Schuhe?? Nein, die waren ihr
nicht aufgefallen.
Fazit: Insgesamt fand ich es spannend, zu beobachten. Und nun freuen mich der daraus entstehende Gedanken-Stoff und der Austausch!
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